Die eierlegende Wollmilchsau bleibt eine Wunschvorstellung der Fabelwelt. Diese seltsame Sau wird als Metapher gezaubert, um das Prinzip zu verdeutlichen, dass nicht alles gleichzeitig zu haben ist. Doch der Naturkreislauf von Biomasse lehrt uns eines Besseren. Die Abfallwirtschaft hat sich das Prinzip der Natur abgeguckt und in der Verwertung von Bioabfällen verwirklicht. Heutzutage werden aus häuslichen Bioabfällen Gas, Strom, Wärme, Nährstoffe und der CO2-bindende Humus hergestellt. Alles hochbegehrte Stoffe für das Klima und Wohlbefinden.
Küchen- und Gartenabfälle werden in vielen Kommunen schon seit Beginn der Kreislaufwirtschaft in den achtziger Jahren sorgsam getrennt. Andere Kommunen dagegen verweigern sich trotz gesetzlicher Vorgaben bis heute hartnäckig, ihren Bürgern ein effektives Sammelsystem für Bioabfälle anzubieten. Jetzt rufen Politik und Kommunen dazu auf, noch mehr von der guten Biomasse in den Hauhaltungen zu trennen. Und das aus gutem Grund.
Denn wie überall explodieren die Kosten auch in der Abfallwirtschaft. Kommunalpolitiker befürchten, dass sie demnächst ihren Bürgern neben all den anderen Belastungen auch noch erhöhte Abfallgebühren vermitteln müssen. Hinzu kommt, dass für jede Tonne Abfall, die in Müllverbrennungsanlagen zukünftig verbrannt wird, eine zusätzliche CO2-Abgabe fällig wird. Doch es gibt einen Ausweg aus diesem Müllgebühren-Dilemma: Noch mehr Bioabfälle sammeln.
Die Kommunen gewinnen aus den Inhalten der Biotonne – im Fachjargon Biogut genannt – in hochmodernen Vergärungsanlagen methanreiches Biogas. Das Biogas kann nach einer Aufbereitung ins Erdgasnetz eingespeist werden oder auf der Vergärungsanlage direkt in Strom und Wärme umgewandelt werden. Das Erdgasfeld liegt somit in der Küche oder im Garten. Dabei muss weder gebohrt noch gefrackt werden. Die Aufgabe ist nur, die Bioabfälle im Haushalt sauber getrennt zu sammeln. Auf der Vergärungsanlage können dann aus jedem Kilogramm Bioabfall im Durchschnitt 100 Liter Biogas produziert werden. Das entspricht dem Energiegehalt von 60 ml Heizöl.
Der Nutzpfad ist hiermit jedoch noch lange nicht abgeschlossen. Nach der Vergärung werden die festen Gärrückstände kompostiert. Es entsteht ein Kompost, der alle lebensnotwendigen Nährstoffe für die Pflanze in einem ausgewogenen Verhältnis enthält. Der Weltmarktpreis für mineralische Stickstoffdünger hat sich in den letzten Monaten mehr als verdreifacht. Tendenz steigend. Auch die Preise der anderen Nährstoffe schießen in nicht für möglich gehaltene Höhen. Dadurch wird Kompost noch mehr Wert. Im Mittel kann zum Beispiel der Landwirt damit rechnen, dass er durch die Gabe einer Tonne Kompost Mineraldünger im Wert von rund 22 Euro einsparen kann. Für die steigende Zahl an Biobetrieben in der Landwirtschaft zählt der Kompost aus Bioabfällen zu einem der wenigen erlaubten Düngemitteln. Ohne Kompost kommen die Ökobetriebe langfristig nicht aus, um die Nährstoffentzüge durch die Ernten auszugleichen.
Und welcher Zusammenhang besteht zwischen Kompost und Klima? Auf der UN-Klimakonferenz 2015 in Paris wurde die Bedeutung von Humus auf das Klima herausgestellt. Die Klima- und Bodenforscher rechneten vor, dass mit einer Erhöhung der Humusgehalte im Boden um nur 4 Promille pro Jahr der gesamte Kohlendioxideintrag durch die Menschheit kompensiert werden könnte. Humus enthält überwiegend Kohlenstoff, der zuvor von Pflanzen über die Photosynthese aus der Atmosphäre entnommen wurde. Ein Teil des Humus verbleibt dauerhaft im Boden und wird somit dem Kohlenstoffkreislauf über Jahrzehnte bis Jahrhunderte entzogen. Somit trägt die Verwertung von Bioabfällen und Kompost nicht nur durch Vermeidung von Kohlendioxidemissionen, sondern aktiv durch Entzug des Kohlenstoffs aus der Atmosphäre zum Klimaschutz bei. Im Mittel können durch die Gabe von vier Tonnen Kompost eine Tonne Kohlendioxidäquivalente der Atmosphäre entzogen werden. Die EU-Kommission arbeitet zurzeit Vorgaben aus, um die Bindung von Kohlenstoff über Humusaufbau im Boden finanziell zu vergüten. Diese finanzielle Förderung wird sich indirekt kostensenkend auf die Abfallgebühren auswirken.
Mit dem Wissen, dass jedes Stück getrennt gesammelter Bioabfall einen Beitrag zur Energiegewinnung, zum Nährstoffkreislauf, zum Klimaschutz und zur Stabilität von Abfallgebühren beiträgt, ist es nicht nur sinnvoll, Bioabfälle getrennt zu sammeln – es macht zudem auch noch Spaß!